Ziviler Ungehorsam, lokales Handeln, Öko-Angst oder neue Wirtschaftsmodelle wie die Donut-Ökonomie – während der noch bis zum 9. September 2022 stattfindenden „Sustainability Days“ in Südtirol diskutierten am zweiten Tag hochkarätige Speaker zum Teil kontroverse Lösungsansätze für die nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume in Europa. Neben Umweltaktivist:innen wie Gail Bradbrook oder Clover Hogan zog die renommierte Anthropologin Jane Goodall Zuschauer in ihren Bann.
Goodall zeigte Verständnis dafür, dass viele Menschen angesichts immer stärker bedrohter Lebensräume verzweifelten. „Doch vor allem im lokalen Handeln liegt Hoffnung. Den Wald zu schützen bedeutet nicht nur, Pflanzen zu schützen, sondern auch die Zukunft zu schützen. Meine größte Hoffnung sind die Jugendlichen, weil sie die Welt verändern, während wir reden,“ so die UN-Friedensbotschafterin. Angesichts der Umweltprobleme erwachten die Menschen neu, unzählige Wissenschaftler arbeiteten an alternativen Technologien. „Wenn wir Millionen sind, dann schaffen wir die Veränderung,“ so der Appell der 88-Jährigen.
Einen radikaleren Ansatz vertrat Gail Bradbrook, Mitbegründerin der Umweltorganisation Extinction Rebellion. Sie sieht die heute in 75 Ländern vertretene Bewegung in der Tradition von Mahatma Gandhi, Martin Luther King oder Rosa Parks und ist überzeugt, dass gewaltloser, ziviler Ungehorsam den notwendigen Wandel vorantreiben kann. „Das Paradigma des ‚immer mehr‘ muss ein Ende haben. Das politische und wirtschaftliche System, das die Welt beherrscht, muss sich ändern,“ so Bradbrook. Aktionen des zivilen Ungehorsams könnten zu neuen Ideen und Lösungen beitragen.
Als weitere Themen standen am zweiten Kongresstag beispielsweise die Umgestaltung von Landwirtschafts- und Lebensmittelsystem, eine regenerative, nachhaltige Führungskultur oder ein psychologischer Blick auf die „Ökoangst“ auf der Agenda. Laura Storm, Gründerin von Regenerators, erklärte, die rasante technologische Beschleunigung schlage sich auch in der Psyche der Menschen nieder und führe zu Stress. Dem müsse eine neue Denkweise, insbesondere bei Führungspersonen, entgegengesetzt werden: „Wir müssen aufhören, der ‚Survival of the Fittest‘-Lüge zu glauben. Überleben werden diejenigen, die sich am besten anpassen und zusammenschließen können,“ so Storm. Clover Hogan, Klimaaktivistin und Gründerin von Force of Nature, beobachtet angesichts der Klima- und Umweltprobleme bei vielen Menschen eine Art „Ökoangst“, die Menschen lähmt und daran hindert, sich aktiv an aktuellen Debatten zu beteiligen. In ihrer inspirierenden Rede rief sie das Publikum auf, Selbstzweifel zu überwinden und sich stärker einzubringen: „Alles was wir zum Handeln brauchen, steckt bereits in jedem von uns.“
PM/ IDM Südtirol – Alto Adige