Top-Innovationsexperte zum Digital-Gipfel: „Auf den Austausch zur Datenökonomie müssen Taten folgen“

Foto: Zühlke Engineering GmbH

Statement von Ernst Ellmer, CEO bei Zühlke Deutschland, zum Digital-Gipfel der Bundesregierung am 8. und 9. Dezember 2022 in Berlin

Der Digital-Gipfel 2022, bei dem hochrangige Vertreter der Bundesregierung auf Schlüsselunternehmen der Digitalwirtschaft treffen, ist sehr zu begrüßen. Denn um Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu halten, ist ein intensiver Wissensaustausch beider Gruppen dringend notwendig – insbesondere, um die Digitalisierung der Verwaltung sowie die Entwicklung innovativer öffentlicher Dienstleistungen zu beschleunigen. So macht die Digitalisierung in Deutschland bislang vor allem in den Wirtschaftsunternehmen sichtbare Fortschritte, in der öffentlichen Verwaltung, aber auch bei der Infrastruktur hinkt sie deutlich hinterher. Ein Beispiel: Bis Ende 2022 sollte das Onlinezugangsgesetz umgesetzt sein, nach dem von der Geburtsurkunde bis zur Baugenehmigung die rund 570 wichtigsten Verwaltungsleistungen online zu beantragen sein sollen. Nun wird dies frühestens im Jahr 2025 der Fall sein. Im europaweiten Vergleich lag Deutschland bei Online-Behördendiensten im Jahr 2021 auf Platz 22 von 27 EU-Ländern. Um diesen Missständen zu begegnen, gilt es an folgenden Punkten anzusetzen:

Mehr qualifizierte Experten: Die öffentlichen Behörden brauchen dringend mehr hochqualifizierte IT-Experten. Um diese zu gewinnen und zu halten, müssen marktübliche Gehälter gezahlt werden. Ebenso notwendig ist die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen, die auch moderne und agile Arbeitsformen umfassen. Bislang wird die Entwicklung, aber auch die konsequente Einführung digitaler Tools nicht zuletzt durch das Fehlen entsprechender Experten gefährlich gebremst.

Mehr Mut und Agilität: In Deutschland setzen die Behörden digitale Tools meist erst ein, wenn alle Features zu 100 Prozent funktionieren. In der Zwischenzeit ändern sich die Anforderungen wieder, so dass viele Produkte letztlich gar nicht gelauncht werden. Bei den Digitalisierungsvorreitern wie Estland und Dänemark geht ein Tool sehr viel früher an den Start. Wichtiger als deutscher Perfektionismus: Mut dazu, agil zu handeln und Tools schon früher zu testen. Und sie so aufzusetzen, dass sie beständig weiterentwickelt werden können.

Klares Bekenntnis zur Datenökonomie: Auch wenn die deutschen Behörden derzeit noch stark mit der Automatisierung bestehender Prozesse beschäftigt sind, sollten die Möglichkeiten der Datenökonomie frühzeitig in den Blick genommen werden, um weiterführende innovative Lösungen entwickeln zu können. So können durch die Auswertung großer Datenmengen mit Hilfe von KI wichtige Innovationen etwa im Bereich Verkehr, Gesundheit oder Klimaschutz umgesetzt werden. „Datenökonomie“ lautet folgerichtig auch der Themenschwerpunkt des aktuellen Digital-Gipfels. Auf die Diskussion und den Austausch müssen konkrete Aktionen und Projekte folgen. Ebenso unabdingbar ist das Vorantreiben einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur.

Investitionen in die digitale Bildung: Nicht nur um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, der die öffentliche Verwaltung besonders hart trifft, ist die Investition in digitale Bildung von der Schule an ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. So hilft die digitale Mündigkeit der Bürger ihnen auch zu unterscheiden, welche Daten sie mit einem Gewinn für die Gesellschaft freigeben und wo sie ihre privaten Informationen besser schützen sollten. Denn häufig erschweren auch Vorbehalte des Einzelnen die Entwicklung digitaler Innovationen.

PM/ Steffen Spendel